Trinkwasser
Das Wasser in Nordskandinavien besitzt nahezu überall Trinkqualität. Viele deutsche Wanderer benutzen zwar Desinfektionstabletten oder filtern gar das Wasser mühsam, doch ich halte das nicht für notwendig. Tatsächlich bin ich auch noch auf keinen einzigen Einheimischen gestoßen, der derlei Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat.
Als ich das erste Mal im Norden unterwegs war und bei einem in der Nähe liegenden Haus um Trinkasser bat, blickten mich die Bewohner verwundert an. Sie antworteten: “Warum holst Du Dir das Wasser nicht in dem See nebenan? Unsere Wasserleitung saugt das Wasser auch direkt aus dem See!”
Nach meinen Erfahrungen kann man das Wasser auf allen Touren (außer wenn im Text angegeben) trinken, wenn man dabei einige Regeln beachtet:
- Möglichst aus fließenden oder gar stark fließenden Gewässern trinken. Flüsse eignen sich daher besser als Seen oder gar Tümpel.
- Falls man die Wahl hat, sollte man statt trübem Wasser lieber klares wählen. Die Trübung stammt im Norden zwar oft nur von ungefährlichen Humusstoffen, aber wenn das Wasser verschmutzt sein sollte, wird die gesundheitsschädliche Wirkung durch den Humus verstärkt.
- Wenn eine Verschmutzung auftritt, stammt sie meist von den Menschen oder verendeten Tieren. Man sollte also Gewässer beispielsweise in der Nähe von Campingplätzen oder Siedlungen meiden. Auch von Flüssen, an deren Oberlauf Rentierherden weiden und Kot hinterlassen, sollte man die Finger lassen.
- Im Frühjahr, zur Zeit der Schneeschmelze, muss man besonders vorsichtig sein. Die Gewässer sind angefüllt mit monatealtem und teils durch Tierkot verschmutztem Schnee. Besonders in waldigen Gebieten mit zahlreichen Tieren empfehle ich während dieser Zeit, statt Flusswasser lieber Schnee zu schmelzen oder das Wasser wenigstens abzukochen.
Ansonsten trifft man meist im Stunden-, manchmal sogar im Minuten-Rhythmus auf Wasserquellen, so dass es nicht nötig ist, große Wasserflaschen mitzuschleppen. Ich fülle an heißen Sommertagen meist nur ein kleines Viertel-Liter-Fläschchen, das bis zur nächsten Wasserquelle spielend ausreicht.
Anders im Winter: Da verhindert eine meterdicke Eis- und Schneeschicht das direkte Schöpfen aus Gewässern. Wenn während der Hauptsaison (also etwa von Mitte März bis Anfang Juni) die schwedischen Hüttenwarte anwesend sind, bohren sie mit mächtigen Eisbohrern Löcher ins Eis und decken diese mit Holzplanken gegen erneutes Überfrieren ab. Ein hilfreicher Service, denn so kann man mit geringem Aufwand das Wasser eimerweise schöpfen.
Wer noch vor der Hauptsaison unterwegs ist, muss Schnee schmelzen. Eine langwierige, doch nach einer Eingewöhnung unkomplizierte Angelegenheit. Da der Schnee auf etwa 20% seines Volumens zusammenschmilzt, muss man oft wieder vor die Hütte und den Topf erneut mit Schnee auffüllen. Wenn sich schon etwas Wasser im Topf befindet und man den Schnee kräftig zusammenpresst, kann man die Ausbeute erhöhen. Um Brennstoff zu sparen, stellt man die Töpfe oder Metalleimer am besten direkt auf den Hüttenofen. Trotzdem: Das Schneeschmelzen bleibt (besonders bei mehreren Gästen in der Hütte) eine abendfüllende Angelegenheit.
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